Robert Kusmirowski

Träumgutstrasse

Robert Kusmirowski

Träumgutstrasse

Ausstellung

3 Sep – 30 Okt 2016

Eröffnung

2 Sep 18:00

Ort

Hochhaus Herrengasse 6–8, 1010 Wien

Dank an

Foksal Gallery Foundation, Hochhaus Herrengasse

Fotografie

© Neuer Kunstverein Wien

Kuśmirowskis ›Träumgutstrasse‹ ist eine Fiktion, seinem Traum einer verlorenen Welt entsprungen. Der poetische, märchenhafte Name lässt an gute Träume denken, beinhaltet phonetisch aber auch das Wort Trauma. Robert Kuśmirowski hat zu seiner Arbeit ein Manifest verfasst. Die Überschriften seiner Kapitel verweisen auf seine künstlerische Überlegungen: ›Die Wahrheit der Täuschung‹, ›Die Faszination der Ruine‹, ›Klar zu träumen‹ oder ›Spiegel‹.

Kuśmirowski bezieht sich mit seiner Arbeit auf den 1939 durch deutsche Bomben zerstörten Czapski Palast in Warschau, der zwischen 1862 und 1913 ein wichtiger Treffpunkt der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Eliten der Stadt war. In seinem Südflügel befand sich die Krasiński-Bibliothek, die heute den Salon Galeria Akademii in Warschau beherbergt. Kuśmirowski erschafft Räume in einem zustand der Degradation. In detailhafter, geradezu detektivischen Genauigkeit erweckt er eine perfekte Illusion von Zerfall und Erosion. Er baut jedoch keine genaue Kopie des Originals nach, sondern erzählt durch eine Synthese von zerstreuten Fragmenten aus Erinnerungen, Skizzen, Notizen und Fotografien seine persönliche Geschichte der Geschichte.

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Es entsteht so eine Art Palimpsest aus einander überlappenden Erinnerungsbildern, des Unterbewusstseins und der Vorstellungskraft. Die meisten Elemente werden von ihm in all ihren Details in einem langwierigen Prozess handgemacht, wobei er jedes Detail zum Werk einer perfekten Fälschung macht. So sammelt er einerseits unbrauchbares Material, verbranntes Holz, alte abgenutzte Möbel, Schotter, die Überreste der einer sich in Auflösung befindlichen Vergangenheit, andererseits baut er die Details seiner Räume, Möbel und Objekte nach und dekonstruiert, zerstört, deformiert sie, in dem er die Anzeichen der Alterungsprozesse Erosion, Korrosion nachbildet. Dabei werden die Grenzen zwischen Original und Kopie fließend. Es ist oft nicht möglich, die authentischen Teile von der detailhaften Kopie zu unterscheiden.

›Träumgutstrasse‹ ist die Ausgeburt einer von Kuśmirowski geträumten Gegenwart einer verklungenen und vergessenen wahren Geschichte. Kuśmirowski schafft einen seltsam unvertraut vertrauten, unheimlichen fiktiven Ort, an dem Wahrheit und Fälschung eins werden und die gewohnte Ordnung von Raum und Zeit aufgehoben scheinen. Das Fragment eines verbrannten Zimmers wird zum falschen Beweis. Der Besucher seiner Räume verliert sich dabei zwischen Fiktion und Fakten. Es entsteht ein Gefühl der Fremdheit und des Verlorenseins. Die ursprüngliche Arbeit von Robert Kuśmirowski am Ort des zerstörten Palais in Warschau wurde stark mit dem Ort identifiziert und dessen schwerlastigen Geschichte. Kuśmirowski verlegte nun seine Arbeit in eine Wohnung des Hochhauses, das Anfang der 30er Jahre als ein Spekulationsbau am Ort des damaligen Palais der Familie Lichtenstein aufgebaut wurde. Das Hochhaus überstand zwar physisch- baulich unbeschadet seine Zeit des Krieges, doch der Krieg hinterließ nie wieder gutzumachende menschlich – psychische Wunden. Viele jüdische Bewohner mussten ihre Wohnung verlassen und wurden verschleppt und ermordet. Kuśmirowskis Arbeit ›Träumgutstrasse‹ evoziert eine Geschichte des Hauses zwischen Wahrheit und Fiktion. Sie ermuntert uns zu träumen und unser Unbewusstes in die Vergangenheit zu projizieren. Sein quasi geschichtliches Objekt/Werk wird so zu einer künstlerischen Metapher politischer Formprozesse der kollektiven Erinnerung und Gesellschaftlichen Identität.

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